Was sind das für Gruben und Löcher? Das habe ich mich bei meinen Wanderungen und Radtouren in der Umgebung schon oft gefragt. Manchmal sind es ehemalige Biotope, die mit viel Arbeit gegraben und von Geländern eingezäunt wurden, um Räume für Amphibien, Insekten und andere Tiere zu schaffen.
Heute eher Sandkasten als Biotop
Heute sind viele dieser ehemaligen Biotope leer und je nach Umgebung nur noch Sandkästen oder Lehmgruben, die Umrandungen verfallen. Gründe dafür gibt es zahlreiche, wie überall im Netz recherchiert werden kann. Bei einigen trockenen Biotopen wird versucht tiefer zu graben um diese zu reaktivieren, wie gerade im Viernheimer Wald. Doch es gibt bauliche Grenzen. Die Kanten können nicht beliebig schräg abfallen, sonst kommt kein Tier mehr hinein oder hinaus.
Manuell nachfüllen führt ebenfalls kaum zum Erfolg, ein Beispiel: Biodiv Hero Florian Schumacher hat letztes Jahr in einer kleinen Pfütze eines solchen ehemaligen Biotops Laich entdeckt. Am nächsten Tag stand er bewaffnet mit Gummistiefeln und 4.000 Liter Wasser wieder vor Ort, um die Grube aufzufüllen und so den Laich zu schützen. Wenige Tage später war alles wieder versickert.

Die Lösung: Edelstahlwannen
Beim Material Edelstahl denkt man meist zuerst an Geländer, Töpfe oder Großküchen. Die Idee, Edelstahlwannen als Biotope einzusetzen kommt ursprünglich aus der Schweiz. Diese bieten zahlreiche Vorteile gegenüber Versionen aus Beton oder mit Folie, die bei Alterung reißen oder sich zersetzen können. Die Wannen sind schnell einsatzbereit. Sie werden bei uns im Kreis Bergstraße von einem lokalen Hersteller in zwei Größen gefertigt. Die kleinere Version fasst etwa 550 Liter. Es können aber auch große Wannen direkt vor Ort in bestehende Löcher eingeschweißt werden. Mobilität ist ein weiterer Vorteil: Wird ein Standort nicht angenommen – was üblicherweise innerhalb von wenigen Wochen passiert – kann die Wanne problemlos umziehen.
Durch seitlich eingeklebtes Kokosgewebe haben Amphibien guten Halt beim Erobern der neuen Lebensräume. Vor Ort eingebaut werden die Wannen mit Steinen, Ästen oder auch Wasserpflanzen gestaltet und anschließend mit Wasser befüllt. Zur Reinigung von Krankheitserregern kann der Inhalt durch einen Verschluss im Boden im Spätsommer abgelassen werden – auch das ist bei herkömmlichen Biotopen kaum möglich. Damit Huftiere wie Wildschweine und Rehe sie nicht als Trink- oder Badestelle benutzen, wird um jede Wanne ein Estrichgitter installiert.
Grenzenlose Biotop-Vernetzung
Amphibien interessieren sich nicht für Ländergrenzen und so ist die Zusammenarbeit mit den angrenzenden Bundesländern sehr wichtig. Die ersten Biotop-Wannen der Region wurden daher – fast symbolisch – grenzübergreifend zwischen Hessen und Baden-Württemberg auf Initiative von Silvia Fusch (NABU Heppenheim) und Uwe Somplatzki (Bund Hemsbach-Laudenbach) eingebaut. Diese arbeiten seit Jahren eng beim Amphibien-Schutzprogamm zusammen.
Mittlerweile wurden bei uns im Kreis Bergstraße im Gemeinschaftsprojekt von NABU und Bund bereits 28 solcher Wannen zum Arterhalt und zur Biotopvernetzung eingebaut, auch in Zusammenarbeit mit Florian Schumacher über den Gewässerverband oder Biodiv Hero Horst Becker. Das Projekt ist ein voller Erfolg: in 90% der installierten Wannen haben sich Amphibien angesiedelt und abgelaicht.
Die Menschen im Umfeld mit einbeziehen
Jeder kann unter richtiger Anleitung bei der Gestaltung und Pflege dieser Wannen-Biotope helfen. Wie auf dem Blog-Bild zu sehen, kann das auch der Nachwuchs, der hier gerade anschließend stolz sein Werk betrachtet. Die Wannen müssen manuell nachgefüllt werden, wenn es nicht ausreichend regnet. Hierzu können Familien der Gegend oder Schulen Patenschaften übernehmen. Denn wenn ich etwas selbst mit geschaffen habe oder betreue, habe ich einen ganz anderen Zugang dazu, als nur darüber zu hören oder zu lesen.
