Ich bin oft in der Natur unterwegs. Ich wandere viel durch die Region, fahre Rad und veranstalte Kindergeburtstage im Wald.
Dabei ist mir in den letzten Jahren immer öfter aufgefallen, dass etwas nicht stimmt. Warum gibt es so viele Flächen, auf denen massiv Bäume gefällt werden? Warum sterben überall Nadelbäume ab? Warum sieht man immer weniger wilde Pflanzen an den Feld- und Waldrändern? Warum gibt es auf so vielen Feldern nur noch Mais und Raps? Warum sieht es überall so eintönig gleich aus? Und warum summt und fliegt es nur noch an wenigen Stellen?
Jetzt möchte ich es wissen
Vor ein paar Monaten kam der Punkt, an dem ich es nicht nur wahrnehmen, sondern genauer wissen wollte. Daraufhin bekam ich die Buchempfehlung: „Das Sterben der anderen: Wie wir die biologische Vielfalt noch retten können“ von Tanja Busse. Über 400 Seiten Fachwissen für mich als Neuling in dem Thema? Puh. Trotz großer Zweifel habe ich es gekauft – und an einem Wochenende durchgelesen.
Fakten, versteckt in Geschichten
Tanja Busse ist eine renommierte und viel gefragte Umwelt- und Agrarexpertin. Aber eine, die es schafft, den Leser auf seinem Wissensstand abzuholen und nicht bestimmte Kenntnisse voraussetzt. Sie erklärt schwierige Zusammenhänge so, dass Absätze nicht mehrfach gelesen werden müssen, um auch nur die Hälfte zu verstehen. Das ist für mich eine große Kunst. Ich habe die letzten Monate viel über das Thema „Artenvielfalt“ gelesen und weiß, wovon ich rede.
Alles wird in Kontext zum Alltag gesetzt. Ich hatte oft das Gefühl, dass ich das Beschriebene schon genau so bei mir im Garten oder im Wald vor der Tür gesehen – oder eben nicht gesehen – habe. Das Buch über Artenvielfalt ist jedoch nicht nur für Neulinge wie mich geeignet, sondern auch für Personen, die sich schon jahrelang damit beschäftigen.
Was haben Dinosaurier und Insekten gemeinsam?
Die Dinosaurier sind vor 66 Millionen Jahren ausgestorben. Das antwortet jedes Kind wie aus der Pistole geschossen. Ihr Aussterben gilt als das 5. große Massenaussterben in der Geschichte.
Und was passiert gerade? Wir befinden uns mitten im 6. großen Artensterben und kaum einer bekommt es mit. Insekten sind eben kein Brontosaurus – bei ihm hätte man bestimmt wahrgenommen, wäre er von heute auf morgen nicht mehr aufgetaucht. Dies ist das große Problem. Obwohl in den letzten fast 30 Jahren 75 % aller Insekten einfach verschwunden sind, wird es kaum bemerkt. Erst dann, wenn das Verschwinden einer Art eine Kettenreaktion auslöst.
Das Phänomen „Shifting Baselines“
Der Begriff „Shifting Baselines“ des Meeresbiologen Daniel Pauly kommt im Buch mehrfach vor und beschäftigt mich besonders. Er passt nicht nur zu Umweltthemen, sondern auch vielen Alltagssituationen. Er beschreibt, dass die Referenzpunkte („Baselines“) für Annahmen und Entwicklungen für jede Generation oder Personengruppe andere sind. Das Wissen über das, was in der früheren Zeit war, ist verloren gegangen. Oder es wurde bewusst oder unbewusst ausgeblendet und vergessen. Dadurch sind die Wahrnehmungen und Ergebnisse des Folgenden unterschiedlich, da sich die Referenzpunkte verändern („shiften“).
Mit diesem interessanten Ansatz beschäftige ich mich in einem anderen Blog Artikel noch einmal genauer.
Nicht den Kopf in den Sand stecken – handeln!
Bei allen deprimierenden Fakten will Tanja Busse in ihrem Buch eins vermitteln: Wenn wir jetzt anfangen etwas zu tun, können wir unsere Zukunft noch retten. Es ist noch nicht zu spät.
Genau das ist auch der Ansatz von uns Biodiv Heroes.